Er trinkt während eines Interviews Whisky Cola mit Lemmy von Motorhead. Er schießt dabei Polaroids, obwohl das Management Bilder verboten hat. Sein Statement: „Ich benehme mich nicht anders als sonst“. Die Rede ist von Alex Flach.
Alex, Fotograf und leidenschaftlicher Skater, ist nicht nur unglaublich sympathisch, sondern beeindruckt zudem durch Charisma und Natürlichkeit. Der gebürtige Berliner mit Wohnsitz in der belebten Kunstmeile Torstraße ist unter anderem Fotograf der ersten Stunde des Lodown Magazines. Durch seine jahrelange Erfahrung als Skater und Fotograf konnte er sich ein beeindruckendes Wissen aneignen und seinen Blick für Ästhetik schulen.
Vorbei an besprühten Hauswänden und einem maroden Treppenhaus, bahnen wir uns den Weg in das Heim von Alex Flach und seiner Freundin. Die Tür öffnet sich zu einer großzügigen Wohnung, die viele Schmuckstücke beherbergt.
Woher aus Berlin kommst Du ursprünglich?
Aufgewachsen bin ich in Berlin-Charlottenburg. Dort habe ich die Jungs getroffen, die schon über lange Jahre hinweg zu meiner “Crew” gehören. Mittlerweile kenne ich Berlin von fast allen Seiten und lebe zur Zeit hier in Berlin-Mitte.
Hast du noch Kontakt zu den Skatern von damals?
Im Grunde genommen habe ich mit nahezu allen Leuten noch Kontakt. So betreibe ich zum Beispiel gemeinsam mit Andreas Hesse den Civilist Store. Mit ihm hab ich schon die Schulbank gedrückt. Pat Hariti, einer meiner immernoch engsten Freunde, ist mittlerweile Küchenchef, Rob Stoye ist in den Golfsport gewechselt. Jeder macht irgendwie sein Ding und ist auf seine Weise kreativ. Dennoch sind im Großen und Ganzen auch heutzutage viele, die ursprünglich aus der Skaterszene stammen, in der Medienbranche aktiv, ob als Kameraassistenz oder Grafiker. Und mit den meisten verbindet mich auch heute noch eine enge Freundschaft.
Existiert heute noch eine Skaterzene in Berlin?
Eine Skaterszene gab und gibt es – in Berlin ist sie heutzutage größer denn je. Als ich 1988 zu skaten begann, kannte man sich untereinander mit Vornamen. Es gab nicht viele Skater. Heutzutage handelt es sich um eine andere Dimension, unter anderem bedingt durch zugezogene Skater aus ganz Deutschland, Europa und teilweise den USA, so dass es schätzungsweise bestimmt 2000 Skater in der Stadt gibt. Berlin birgt coole Skatespots, Berlin ist billig zum leben, das weiß jeder.
Skatest du denn heute noch?
Nein.
Vermisst Du es?
Ein bisschen schon. Vor allem, weil ich ja nach wie vor mit Skatern in Kontakt stehe. Ich fliege beispielsweise demnächst nach Malaysia und nehme dort an einer Skate-Tour teil um für Nike zu fotografieren. Mein Board ist mit dabei, aber richtige Tricks werde ich nicht machen, da ich mittlerweile viel zu intensiv darüber nachdenke, welche Verletzungen ich mir dabei zuziehen könnte.
Vielleicht wäre es anders, wenn ich in Kalifornien leben würde, dort benutzt man das Board als Verkehrsmittel. Das geht aber in Berlin nicht, wegen der beschissenen Bürgersteige.
Seid ihr damals durch die Stadt gelaufen und habt euch überlegt, wo man gut skaten kann? Hast du diesen Blick immernoch?
Definitiv. Ja. Man nimmt eine Stadt ganz anders wahr. Wir haben uns zum Beispiel früher irgendwo getroffen, meistens bei California Boarding, sind dann den Ku’damm in Richtung Wittenbergplatz runtergeskatet, dann zur Nationalgalerie oder ins Märkische Viertel, mit dem Board durch die Straßenschluchten. Die Nationalgalerie zählte über Jahre hinweg zu dem zentralen, angesagtesten Skatespot Berlins. Wir haben Gegenden erkundet und kennengelernt, weil wir uns ständig auf der Suche nach geeigneten Spots befanden.
Du warst von Anfang an bei der Lodown mit dabei – was verbindest Du mit dem Magazin?
Ich verbinde damit eine ganze Menge, gerade, weil meine ersten Fotos dort veröffentlicht wurden. Über einen Freund habe ich damals erfahren, dass das Magazin erscheinen wird. Das war 1996. Die damalige Redaktion in Schöneberg war ziemlich klein, nach dem Umzug in die Lützowstraße war ich dann täglich dort. Ich habe viele Leute durch das Lodown Magazine kennengelernt und profitiere noch heute davon. Alles was jetzt passiert, auch in Bezug auf den Laden, basiert auf dem, was ich bei der Lodown erlernt habe.
Gibt es eine Verbindung zwischen der damaligen Skateszene und der heutigen Berliner Kreativbranche?
Viele, die ernsthaft und lange geskatet sind, sind heute im kreativen Bereich tätig. Ich bin mir sicher, dass eine Verbindung existiert. Schwieriger ist es jedoch, die Gründe für diesen offensichtlichen Zusammenhang festzustellen. Einer dieser Gründe ist sicherlich, die architektonische Wahrnehmung der Stadt, ein anderer die Kommunikation zwischen unterschiedlichen und vielseitigen Menschen, die sich durch das Skaten verbunden fühlen.
Stichwort Fotografie …
Ich habe Fotografie nie schulisch erlernt, sondern aus Zeitschriften gelernt. Es gab Überlegungen, noch einmal auf eine Schule zu gehen. Ich war sogar bereits beim Lette-Verein angemeldet, doch dann haben mich meine Bedenken letztendlich davon abgehalten. Drei Jahre zur Schule zu gehen und dann die Technik perfekt zu beherrschen, bedeutete auch, all meine Kontakte zu verlieren, die ich mir in den Jahren aufgebaut hatte.
So begann es, dass ich viele Bands fotografierte, mich aber auch mit der Modefotografie beschäftigte. Dies jedoch auf recht einfache Art und Weise, ohne große Rafinessen.
Bei meiner Fotografie ist es mir vor allem wichtig, das Model kennenzulernen und dann Fotos zwischen zwei Fotos zu machen. Das bedeutet, die Bewegungen des Models festzuhalten – Momente einzufangen.
Hast du Vorbilder in der Fotografie?
Ja. Zum Beispiel Jürgen Teller, Wolfgang Tillmans, Guy Bourdin, aber auch Nan Goldin. Magazine und Zeitschriften sind ebenfalls meine Inspirationsquellen, gerade weil ich die Fotografie nicht schulisch erlernt habe.
Hast du weitere Ziele in Bezug auf Fotografie?
Ich möchte gerne noch viele weitere Ausstellungen planen und umsetzen und auch Bücher veröffentlichen. Berlin Calling, welches vor zwei Jahren veröffentlicht wurde, hat mir viel Spaß gemacht. Aber in gleicher Weise macht mir auch mein Laden Spaß, inklusive Aufbau und Dokumentation der Künstler, die wir hier her holen. Es gibt mehrere Projekte, die noch geplant sind und umgesetzt werden wollen.
Ohne es voraussehen zu können hat das Skaten, beginnend als sportliche Leidenschaft, den beruflichen Weg als Fotograf und den alltäglichen Lebensweg als Mensch, den Alex Flach über die Jahre eingeschlagen hat, geebnet. Heute basieren viele seiner Gedanken, Interessen und Kontakte auf diesem einstigen Hobby. Seine Geschichte ist ein anschauliches Beispiel für die Entwicklung der Skatebranche, die sich heutzutage weit über die Grenzen des Sports hinausentwickelt hat, und die gesamte Kommunikations-, Lifestyle- und Kunstszene stark beeinflusst. Mehr Informationen zu Alex Flach findet ihr im Interview zu Civilist und auf seiner aktuellen Website.
Interview: Pelén Boramir, Tim Seifert
Text: Pelén Boramir, Luisa Bacigalupo
Fotografie: Ailine Liefeld